Öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken

 

Ist es nicht so, dass es die heutige Situation wiederspiegelt ?

Diese Redewendung stammt von Heinrich Heine [1797-1856 ], einer  einer der bedeutendsten deutschen Dichter des 19. Jahrhunderts. Er stand wegen seiner Versen auf dem ‘Index verbotener Schriften’ bei der katholischen Kirche, und als Jude wurde er politisch vorverurteilt.

Bücher konnten, wie auch heute wieder, verboten werden und Zeitungsartikel wurden streng überwacht. Jede Veröffentlichung wurde kirchlich und politisch überprüft, und so landete der berühmte Dichter als einer der ersten bei der Zensurbehörde. 

In seinen Versen ‘Deutschland. Ein Wintermärchen’ beschreibt Heinrich Heine seine [Flucht-] Reise durch sein Heimatland Deutschland im November 1843. Er bedichtete darin seine Eindrücke vom Zustand seines Landes, denn mit den ‘Karlsbader Beschlüssen’ ( Pressegesetze, ab 1819 ) erfolgte eine Verschärfung der Zensur. 19 große Seiten mussten beim Vorzensierer abgegeben werden, und was dort kirchlich und politisch nicht passte wurde von denen ersatzlos gestrichen.

Die Auflagen waren so immens, dass Heinrich Heine im zweiten Band ‘Reisebilder’ die Zensoren verulkte, indem er sich vorsorglich bereits selbst zensierte.Im zwölften Kapitel setzte er mit eigenen Unterlassungs-Strichen eine umfangreiche Zensurmaßnahme an, die nur vier Worte stehen lassen: ‘Die Deutschen Censoren’ und sechs Zeilen weiter unten: ‘Dummköpfe’

Das hatte ihn nicht beliebter gemacht …

Schon bald wurden seine Schriften völlig verboten und 1831 verließ er in Eile seine Heimat und lebte im Pariser Exil.

‘Deutschland. Ein Wintermärchen’ ist eine Liebeserklärung an seine Heimat Deutschland und gleichzeitig ein Hinweis, was politisch alles verquer läuft,

-> erschien 1844 in ‘Neue Geschichten’ bei Hoffmann und Campe aus Hamburg

[  Heinrich Heine ]
Im traurigen Monat November war’s,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.
Und als ich an die Grenze kam,
Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar
Die Augen begunnen zu tropfen.
Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
Da ward mir seltsam zumute;
Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute.
Ein kleines Harfenmädchen sang.
Sie sang mit wahrem Gefühle
Und falscher Stimme, doch ward ich sehr
Gerühret von ihrem Spiele.
Sie sang von Liebe und Liebesgram,
Aufopfrung und Wiederfinden
Dort oben, in jener besseren Welt,
Wo alle Leiden schwinden.
Sie sang vom irdischen Jammertal,
Von Freuden, die bald zerronnen,
Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt
Verklärt in ew’gen Wonnen.
Sie sang das alte Entsagungslied,

Das Eiapopeia vom Himmel,

Womit man einlullt, wenn es greint,

Das Volk, den großen Lümmel.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,

Ich kenn auch die Herren Verfasser;

Ich weiß, sie tranken heimlich Wein

Und predigten öffentlich Wasser.
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.
Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Das Miserere ist vorbei,
Die Sterbeglocken schweigen.
Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse.
Und fehlt der Pfaffensegen dabei,
Die Ehe wird gültig nicht minder –
Es lebe Bräutigam und Braut,
Und ihre zukünftigen Kinder!
Ein Hochzeitkarmen ist mein Lied,
Das bessere, das neue!
In meiner Seele gehen auf
Die Sterne der höchsten Weihe –
Begeisterte Sterne, sie lodern wild,
Zerfließen in Flammenbächen –
Ich fühle mich wunderbar erstarkt,
Ich könnte Eichen zerbrechen!
Seit ich auf deutsche Erde trat,
Durchströmen mich Zaubersäfte –
Der Riese hat wieder die Mutter berührt,
Und es wuchsen ihm neu die Kräfte

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Heinrich Heine steht auch heute wieder auf der Verbotsliste, wie fast alle Ur-Deutschen Dichter, und viele davon sind Juden – oder haben wie Goethe zB einen Bezug zum Judentum. Was versteht das Jungvolk eigentlich nicht an vergangener Geschichte  …

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Lasst uns zusammen noch ein Wintermärchen träumen,
bevor die herbstliche Corona weitere Menschenlichter aushaucht,
weil es bis jetzt noch immer nicht verstanden wurde,
dass feiern nicht wichtiger ist als leben.

Mein Wintertraum für Euch ->  wenn schon sterben, dann glücklich 
© Archimeda1

 

 

lg Archi

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7 Responses to Öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken

  1. Wir sind wieder so weit. Schon wieder wird zensiert und Kritiker Mundtot gemacht.

    Das Internet war der Inbegriff von Freiheit und jetzt werden Konzerne dazu verpflichtet, unliebsame Artikel zu löschen. Also kein Richter gibt das Urteil ab sondern ein unterbezahlter und wahrscheinlich frisch auf geschulter …. erkennt was Meinungsfreiheit nicht ist. Und dabei beruft man sich auf den Schutz des Rechtsstaates. Ein Treppenwitz. Ein gutes Beispiel ist der Umgang mit Dieter Nuhr.

    BG

     

     

    • Schon vor Jahren wurde, hatte man Forschungen angestrengt um das Internet und die Internetsucht als schädlich verurteilen zu können. Dazu dienten die sogenannten Kampfspiele, die so wenig gewaltsam waren, wie eben Schweinchen Dick oder TombRaider. Eine Schweinebande, die gegen einen virtuellen Wolf kämpfte und eine sexistische Tussi, die ihre persönlichen Schweinchen in sexueller Darstellung zeigte … Ach, so wie heute, aber dieses Cheibli möchte ich mir nicht nehmen.
      Es geht nicht mehr um Spiele, Internet, Geschichten, Dichter – sondern um eine Vollzensur, weil sich die gaffernden und steuerklauenenden Politiker nicht die Wahrheit anhören wollen. So einfach ist das – und was an Wahrheit in Worten iwo steht wird vernichtet, verbrannt oder entfernt.
      … und wieder ist keiner da, der sich dagegen auflehnt !
      DAS gibt zu denken, nämlich der älteren Generation, die gerade durch Corona und Hunger ausgelöscht werden !

  2. Deutschland, das Land der Dichter und Henker. ach ne jetzt wird deleted und jede UnPersonen wenn es geht wirtschaftlich fertig gemacht. Und wenn es Deutschland nicht schaft, schaft das die EU mit der Maßgabe :" Wir schaffen das.!"

    BG

  3. Hi Uli,

    Heinrich Heine ist mein beliebtester klasischer Dichter. "Deutschland- ein Wintermärchen" haben wir im Deutsch-Unterricht auswendig gelernt und vorgetragen. Eine scharfe Kritik an die politischen Verhältnisse in Deutschland in der damaligen Zeit und heute wieder aktueller denn je. Ich weiß nicht, ob das heute in den Schulen auf dem Lehrplan steht. Aber dass Heines Werke heute wieder auf der Verbotsliste stehen, kann ich mir kaum vorstellen. Ist das wirklich so?

    LG Joachim

    • Guten Abend Joachim
      Unter deinem Kommentar wird viel Leerfläche angezeigt, und zum Schluss ‘dichter’
      Ich kann leider nicht erkennen, was da noch stand. Falls es ein Link war, der wird im Moment vom Sicherheitssystem gelöscht, weil man massiv WP angreift. Ich versuche standzuhalten. Bitte vorerst keine Links im Kommi als anklickbar verschicken – sondern einfach in irgendeinem Editor kopieren und dann einfügen.

      Heinrich Heine mag ich sehr. Er hat für mich den dichterischen Durchblick und beschreibt, nicht nur seine politische Situation mit ein wenig Witz – und nicht mit den jetzt üblichen Gemeinheiten. Er wurde und wird leider auch jetzt wieder verachtet. Vielleicht sind seine Ausdrucksweise zu dieser Zeit wieder nachvollziehbar, vielleicht liegt es daran, dass sich Moslems und Juden immernoch um die Wichtigkeit des ihrigen Gott streiten.

      In der kasselerliste_com kann man jederzeit nachlesen, welche Bücher verboten wurden. Bis alle Einträge vervollständigt werden dauert es allerdings ein wenig.
      Diese Art der Zensur steht im vollen Gegensatz zur Demokratie und den vergangenen kulturellen Begebenheiten.

      liebe Grüße Uli

  4. Hallo Uli,

    vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe nur die vier Textzeilen geschrieben, die hier zu lesen sind, keine Links gesetzt.

    LG Joachim