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  • Schnell ist keine Zeitangabe sondern Selbstschutz

    Heute hatte es tatsächlich in DD geschneit.

    Natürlich stimmte der Wetterbericht nicht, aber die angesagten Schneeverwehungen brauche ich auch nicht wirklich.
    Wenn man in Dortmund wirklich wissen möchte, wie das Wetter ist, hält man am Besten die Hand aus dem Fenster, raus schauen wäre eine andere Mögklichkeit,
    nur auf den Wetterbericht brauch/darf man sich wirklich nicht verlassen.

    In anderen Orten muss es sehr heftig gewesen sein.
    Es waren viele Unfälle, die mir sehr leid tun.

    Leute, die selber sehr vorsichtig unterwegs sind, kommen oft in schlimmen Situationen, weil Raser oder Angetrunkene rücksichtslos umherirren,

    die Irren.
    Macht doch Sinn, der Satz, oder ?

    Die Tage waren wir  im Wald und erstaunt, welche Vielfalt von Tieren noch nicht winterdicht waren. Durch die vielen nassen und überwarmen Tage gab es sogar Wespen und Schmetterlinge.
    Nun ist es so schnell zu kalt geworden.
    Konnten sie sich noch schützen ?

    Diese Wald-Schneebilder sind vor zwei Jahren aufgenommen worden.

    Ich habe dazu eine Musik im Studio komponiert,

    die zeigen soll, wie schnell und eilig es ist, dass man sich nun etwas Warmes und Sicheres sucht.
    Viele Tiere haben noch keine Winterbehausung, und manchen Menschen geht es ebenso.

    mein Videolink

    und

    meine Gedanken:

    Kälte kommt oft so überraschend, dass man nur flüchten möchte.

    © Archimeda 1

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  • Präteritum aus DunkelDortmund

     

    Winsen_Aller_Thören_2008

    Bild: Winsen/Aller, Ort Thören 2008

    Auch heute morgen mußte ich wieder mit der Straßenbahn fahren.

    Erst war es ziemlich leer, dann wurde es nach und nach voller.

    An einer Haltestelle steigt dann eine ältere Frau ein. Ich schätze sie um 55, ziemlich ungepflegt, bejackt in der Dienstkleidung von DSW 21.

    Ununterbrochen redet sie mit ihrem Kollegen.

    Krampfhaft versuche ich wegzuhören, krampfhaft suche ich einen Punkt, auf den ich mich konzentrieren kann, mich geistig festhalten kann um den Inhalt des Gesprächs nicht verarbeiten müssen.

    Sie spricht sehr laut.
    Eine naive Sprache, mit einer Stimme, die sich anhört, als ob sie ihre Stimmbänder gestern in Jägermeister oder anderes getaucht hätte.

    Es gelingt mir nicht.

    Ich höre diesen Irrsinn, ob ich will oder nicht.
    Meine Hände zittern.
    Ich möchte nicht ihre Intimgeschichten hören; nicht virtuell in ihrer Haut stecken.
    Ich bin wütend.
    So wütend. Wann steigt sie endlich aus ?
    Warum gelingt es mir nicht mich zur Ruhe zu zwingen ?
    Die meiste Wut richtet sich an mich.

    Irgendwann kommt die Frage an ihren Kollegen :
    ” Weißt du, was ich jetzt möchte ? Einfach hier einschlafen und sterben. “

    ” Verdammt Warum tust du es dann nicht, du verkommene Schlampe ?
    Stirb endlich, damit andere dich nicht ertragen müssen !”

    In der Hospitz und in der forensischen Klinik, in denen ich  damals als Schwester gearbeitet habe, wollten die Leute leben.
    Sie haben gekämpft um jede Sekunde.
    Sie klammerten sich im Todeskampf an meine Hände,
    bis mir das Blut darin erstarrte.

    Da vorn aber sitzt eine Frau, die nicht leben will.
    Vollgefressen und verkommen schmarotzt sie an anderer Steuergelder.
    Zur Arbeit eingeteilt, damit der Staat wenigstens so tut, als ob es weniger Arbeitslose gibt.

    Ich schau mich nach einem anderen Sitzplatz um.
    Die Wahl habe ich zwischen Klein-Jamaica und Klein-Ankara.
    Ich sehe,
    dort ist noch ein Platz frei.
    Leider komm ich nicht dahin, weil ich blond bin.
    Ich mag nicht angesprochen werden.

    Ich ringe um meine Beherrschung.

    An der nächsten Haltestelle steige ich aus. Den Rest, bis zur Bushaltestelle kann ich laufen.

    20 Minuten später ist der Bus da.
    Weitere 5 Minuten
    schiebt sich eine 200 kg-Frau hinein;
    unauffällig gekleidet in rosa Shorts, einem gelben fast durchsichtigen Shirt,
    mit Flecken an ihren Brüsten,
    die sagen, dass das Ei heute morgen wohl weich gegessen wurde.
    An ihrer Hand baumelt eine Plastikhandtasche in modischem orange, rosa und lila.
    Verziert ist diese mit bunten Gummischmetterlingen, und Perlen.

    > Meine Güte, wo – nur wo ist deine Schmerzgrenze ?
    Ist dein Spiegel zugeklebt, oder passt du nur nicht davor ? <

    In der Hand halte ich mein Frühstücksbrot.

    Ich schau es an. Es ist Camenbert drauf, hoch calorisch.
    Ich erinner mich an gestern, an mein eigenes Spiegelbild.
    Auch ich bin nicht superschlank.
    Ich habe einige Kilos zugenommen, bin aber bereits  auf Rücktour.
    Versteht mich nicht falsch.
    Ich habe nichts gegen dicke Leute, nur sollte man einen gewissen Stil bewahren.
    Sauber und ein wenig bedeckt an bestimmten Stellen, das würde reichen.

    Ich versuche mein Brot zu hypnotisieren.

    Mein Hals schnürt sich zu.
    Ich glaube zu ersticken.
    Ich kämpfe mit meinem Ich.

    > Hier kannst du nicht aussteigen.
    Du schaffst diesen weiten Weg nicht bis zur Arbeit.<

    Ich pack mein Brot wieder ein.

    Ich weiß, ich werde es nicht mehr anfassen.
    Später werde ich es vernichten.
    Im Klo runterspülen, wie so vieles, was ich mitnehme.
    Ich habe Angst, dass ich wieder vergesse zu essen.
    Meine Rituale sind durcheinander.

     

    Eine Haltestelle weiter steigen Leute dazu.
    ” Brat mir doch einer mal´nen Storch ” höre ich nur.
    Mein Ohr vergrößert sich automatisch.
    Es wandert am Sitz runter, um eine Ecke des Sitzplatzes,
    nur zu diesen einzigen Zweck –
    um zu lauschen.

    Storch braten ?
    In Dunkeldortmund ?
    WOW
    Ich staune.

    In Winsen gibt es Störche auf den Dächern.
    Gebraten werden sie eher nicht.

    Man höre weiter :
    ” Musse auch so früh malochen ”
    Ich ziehe mein Ohr wieder ein.
    Sprachmörder, diese.

    Einige Zeit später steige ich aus.

    Ich starte meinen Rechner, geh nach oben in die Kantine.
    Dort ist die Raucherterasse.

    Ich stehe dort an der Brüstung, schaue in die Tiefe auf die Strasse mit den vielen Autos.

    Mein Blick schweift über die entfernten Bäume.
    Ich möchte sie berühren. Es sind nur Laubbäume.
    So gern würde ich zu meinen Tannen.

    unerreichbar

    Ich bin festgefroren in dieser Großstadt.
    Meine Gedanken vereisen hier.

    Eine weitere unmächtige Wut steigt in mir hoch.
    Tag für Tag merke ich, dass meine Aggressionen steigen.
    Ein kleiner Funke noch, dann werde ich explodieren.

    Warum hat man mir nicht erklärt, was hier so los ist ?
    Warum hat man mir nicht gesagt, dass ich hier so einsam bin.
    Viel einsamer, als in der Natur.
    Warum hat man mir nicht gesagt, dass ich nur erwünscht bin,
    wenn ich mich anpasse ?
    Ich pendel zwischen Arbeit und Baustellenwohnung.

    Eine Marionette, die jeden Tag ein wenig mehr verfault.
    Ein Püppchen, das gehorchen soll,
    sich verleugnen um nicht aufzufallen.
    Nie!
    Nein, nie wäre ich hier hin gezogen.
    Ich gehöre in die Natur.
    Ich brauche meine Tiere und Planzen.
    Den Geruch der Einsamkeit um mich herum.
    Ich möchte wieder meine Hand ausstrecken.
    Es fliegen Schmetterlinge und Hummeln darauf,
    bereit, sich von mir streicheln zu lassen,
    wie schon so oft.

    Träne für Träne kullert an mir herunter,
    betropfen meine frisch gebügelte Bluse, die niemanden interessiert,
    weil auch ungebügeltes angezogen wird.

    Ich muß hier weg.
    Ich kann hier nicht leben.

    Ich kann andere Menschen in dieser Form nicht respektieren.

    Ich kann nicht ducken, mich anpassen, diese Verkommenheit tolerieren.
    Das wäre eine Lüge an mir, an andere.

    Jedes Wort kommt auf die Waage.
    Kein Wort gelingt mir zu vergessen.

    Ich versuche tief zu atmen.
    Ich ringe weiterhin nach Luft.
    Ich brauche meine Stille.
    Ich mag nicht mehr reden.
    Ich rede genug, wenn ich arbeite.
    Ich fühle mich fiebrig und krank.

    Diese verlogene, verdreckte Scheißbande um mich herum kotzt mich an.
    Die Stadt zerstört mich.

    Sie zerstört meine Welt der schillernden Seifenblasen.
    Sie zerstört meine träumerischen Illusionen um das Gute in jedem Menschen.

    Dortmund 2012_© Archimeda 1

    BILD: Dortmund, Ort Überall_2012

    Archimeda 1

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