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  • Liebe macht gar nicht blind

    Heute waren BG und ich in Essen bei meinen Eltern

    Mein Vater muss am kommenden Montag direkt um 7.30 Uhr im Krankenhaus sein, denn sein OP-Termin ist kurz darauf. Es wurde ihm gesagt, dass er nicht so lange warten muss, und das finde ich sehr rücksichtsvoll vom Krankenhauspersonal, denn die Krankheit, Angst und Ungewissheit zehrt ziemlich schnell am Gewicht – und er ist doch schon nur noch ein Strichmännchen. Er sagte selber dazu, ältere Menschen essen nicht mehr so viel.

    Zur OP-Körperaufbauung hatten BG und ich gestern Abend gut vorbereitet.

    Eine große Schüssel Kartoffelsalat, ein feines Gulasch mit Paprika, Zwiebeln und Pilze, ein frisch gekochter Vanillepudding mit Tonkazucker und Karamelsirup haben wir heute gegen 12 Uhr gebracht, und wir alle hatten ein schönes gemeinsames Mahl. Es blieb noch ein wenig über, und das wurde für morgen in den Kühlschrank der Eltern verstaut. Ich hatte zwar kurz meinen Bruder angerufen, ob er und seine neue Frau etwas haben möchte, aber sie mussten leider nachmittags selber weg.

    Unsere Familien-Gespräche tendierten zu gegenseitigen Kindheitserlebnissen, und ich war erstaunt, dass mir durch die andauernde Ähnlichkeit plötzlich einiges wieder einfiel, was ich glaubte vergessen zu haben.

    Noch erstaunter war ich, dass mein Vater das erste Mal zugab, dass damals was ziemlich Böses an mir, durch die fast ganze Familie passiert war. Es geht dabei nicht um Missbrauch, sondern um ganz andere mentale Dinge, die eher Autisten aushalten müssen, weil sie sich zurück ziehen, statt um ihren Familienanspruch und gemeine Lügen ankämpfen zu wollen.

    Diese Sachen wurden heute geklärt. Alle vergangenen Jahre wurden durch einen einzigen Tag bereinigt.

    Das scheint so einfach ?

    Nein, dieses ‘schnelle Erlebnis’ gibt es nur mit der Angst zum Verlust eines Menschen
    und glücklich macht es dann auch nicht mehr …

    lg Archi

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  • Maikäfer flieg

    Mit großem Entsetzen verfolge ich die Krankheit von meinem geliebten Vater

    Das Urteil ‘Bösartiger Blasenkrebs’ macht mich sprachlos, denn mein Vater war der positive Punkt meiner Kindheit, und ich möchte nicht, dass er leidet. Seine Geschwulst ist noch sehr klein, und ich hoffe, dass es nicht schon so ausgeartet ist, wie man vermutet. Die OP am Montag wird schmerzhaft sein. Der Harnschaft wird aufgeschnitten um an den Tumor zu kommen und dann später geklebt oder genäht. Meine Mutter versteht nicht mehr diese Situation, oder was noch um sie herum vorgeht, und ich danke ihrem Glücksengel für ihre demente Entmachtung.

    Mein Vater liebte und liebt Maikäfer. Er ist mit ihnen aufgewachsen, und kann sie genau unterscheiden.

    Maikäfer waren schon seit langer Zeit  als große Plage angesehen, weil sie in kurzer Zeit alle Bäume kahl fressen können. Bis vor 60 Jahren gab es noch Fangprämien. In Schuhkartons wurden sie gesammelt. Kinder hatten dabei viel Spaß und sortierten sie ihrer Farbe entsprechend nach ‘Müller’ (weißliche Behaarung), ‘Kaminkehrer’ (dunkel, mit wenig Behaarung), oder ‘Kaiser’ (Kopf und Brustschild rötlich).

    Sie dienten oft als Hühner- oder Schweinefutter, aber wenn große Not war wurde aus ihnen schonmal eine kräftigende Suppe gemacht, bzw kandiert und gezuckert in Bäckereien verkauft.

    Altes Rezept
    „Man nehme die Maikäfer, reiße ihnen Flügeldecken und Beine ab, röste ihren Körper in heißer Butter knusprig, koche sie dann mit Hühnerbrühe ab, tue etwas geschnittene Kalbsleber hinein und serviere das Ganze mit Schnittlauch und gerösteten Semmelschnitten.“

    Nun ja, ich denke, dass man essen muss um nicht zu verhungern und hoffe inständig, dass die Tiere bei der Zubereitung bereits tot waren. Wenn ich aber dann an die heutige Zubereitung der Hummer denke…

    1951 wurde in Wien alleine eine Milliarde Tiere gesammelt. Durch die jahrelange Sammelei galten diese schönen Tiere fast als ausgestorben.

    Heute weiß man, dass sie ihren Nahrungsbäumen, meist Eichen, Ahorn, Buchen oder auch mal Obstbäumen, keinen bleibenden Schaden zufügen, weil fast alle Blätter im Juli wieder nachwachsen. Die Larven der Maikäfer sind dagegen schon gefräßiger. Die Wurzeln der Wiese sieht verdorrt oder gelblich-braun aus, wenn man viele Käferlarven im Boden hat. Alle vier Jahre ist ein sogenanntes Maikäferjahr, weil die Entwicklung vom Ei über die Larve [Engerling] bis zum vollständig entwickelten Käfer so lange brauch.

    Wir durften dieses Jahr wieder den Hochzeitsflug beobachten.

    In der Dämmerung fliegen die noch kleinen Käfer hin und her. Ihr Fluggeräusch würde ich als Flattern bezeichnen. Es ist leise, gleichmäßig und irgendwie interessant anders. BG und ich saßen ruhig auf Balkonien und beobachteten die Tierchen.

    Ein kleiner Flieger fiel in das kleine Vogeltrinkbecken. MC Rudi gab sofort Bescheid, und so konnte ich es zügig heraus holen.

    Eine Maikäfer-Dame landete an der Hauswand, stülpte ihre Drüsen raus um Duftstoffe abzugeben.

    So sieht ein Maikäfer von unten aus

    Nach der Paarung verstirbt das Männchen.

    Die Weibchen legen bald darauf, in mehreren Schüben, ihre bis zu 60 Eier ins lockere Erdreich ab.

    Der Kreislauf beginnt von vorne.

    Maikäfer flieg …

    [ Carl von Ossietzky]

     

    Man kann nicht kämpfen, 
    wenn die Hosen voller sind als das Herz.

    lg Archi

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